Starke
Aufstellung
Die Initiative MOBILEE agiert als Schnittstelle zwischen den verschiedenen Systemen der Sozialen Arbeit, der Wissenschaft, des organisierten Sports und der Stiftungslandschaft. 2022 startet die MOBILEE-Dialogforen-Serie.
Nun führt MOBILEE endlich zusammen, was schon lange zusammengehört hätte: verschiedene Akteur:innen, die der Glaube an das große Potenzial einer sport- und bewegungsbezogenen Sozialen Arbeit für die Gesellschaft eint. Die Ziele lauten: ein umfangreiches Netzwerk und eine fundierte wissenschaftliche Begleitung aufbauen, eine professionelle Beratung anbieten und für eine aufmerksamkeitsstarke Kommunikation sorgen.
Konzeptionell und inhaltlich gearbeitet haben sie natürlich schon lange bei MOBILEE, der Initiative für Soziale Arbeit mit Sport und Bewegung der Niedersächsischen Lotto-Sport-Stiftung. Nur der Schritt in die Öffentlichkeit ließ pandemiebedingt etwas länger auf sich warten, stieß dann aber zum Start auf umso größeres Interesse. Vertreter:innen aus mehr als fünfzig Stiftungen, Vereinen, Verbänden, Hochschulen und Universitäten, Jugendzentren und -werkstätten, Wohngruppen und Stadtsportbünden strömten zum ersten Dialogforum am 28. Juni 2022 nach Hannover.
Riesenpotenzial für Soziale Arbeit in Verbindung mit Sport
Wie groß der Bedarf an einem natio-nal agierenden Kompetenzcenter wie MOBILEE ist, spiegelte sich jedoch nicht allein in der schieren Anzahl der Anmeldungen wider, sondern mehr noch in der Erwartungshaltung der Teilnehmenden. „Ich erhoffe mir einen klareren Blick auf Vernetzungsmöglichkeiten, auch bundesweit, und einen größeren Rückhalt in der Öffentlichkeit für solche Projekte, die sich unter dem Dach von MOBILEE versammeln. Denn: Das Thema Soziale Arbeit mit Sport und Bewegung hat Riesenpotenzial, wird aber nach wie vor unter Wert verkauft.“
Wer das sagt? Thomas Krombacher, Leiter von „Gemeinschaftserlebnis Sport“ in Stuttgart. Der 53-Jährige zählt mit der vor 27 Jahren gegründeten Initiative – neben IcanDo in Hannover und der Rheinflanke in Köln – zu den Pionieren einer sport- und bewegungsbezogenen Sozialen Arbeit. Dass ein so versierter Akteur noch immer mangelnde Vernetzung und fehlende öffentliche Anerkennung und Unterstützung beklagt, überrascht auf den ersten Blick. Schließlich ist das Potenzial dieses Ansatzes bei der Bearbeitung gesellschaftlicher Probleme schon vor rund dreißig Jahren erkannt worden. Politik und Wissenschaft hatten das Thema Soziale Arbeit mit Sport und Bewegung seinerzeit in ihre Agenda aufgenommen.
Zu selten Thema in Ausbildung und Studium
Strukturell passiert ist seitdem wenig. Das bestätigt auch Robert Gräfe, Programmleiter für „Integration durch Sport“ beim LandesSportBund Niedersachsen. „Das Thema Soziale Arbeit in Verbindung mit Körper, Bewegung und Sport hat zu wenig Gewicht in den Ausbildungs- und Studiengängen. In vielen Feldern der Sozialen Arbeit und im Sport herrscht ein eher pragmatisches Verständnis vom Körper, kein ganzheitliches. Oftmals wird vergessen, dass unser Zugang zur Welt von der Kindheit bis ins hohe Erwachsenenalter ein leiblich-sinnlicher ist.“
„Das Thema Soziale Arbeit mit Sport und Bewegung hat Riesenpotenzial, wird aber nach wie vor unter Wert verkauft.“
Andererseits helfe der Ansatz von MOBILEE dem Sport bei der Unterscheidung von Sozialer Arbeit als Profession mit großem „S“ am Anfang und jener mit kleinem „s“, die aus dem Bauch heraus geschieht. Diese Trennung sei wichtig, um sich zum Beispiel als Übungsleiter:in abzugrenzen. „Um sich zu entlasten, sich sagen zu können: ‚Ich leite eine Trainingsgruppe, in der es Teilnehmer:innen mit traumatischen Erlebnissen gibt, aber für mich als sozialpädagogischer Laie ist hier eine Grenze gezogen. Für alles andere brauche ich Unterstützung.‘“ Für Gräfe ist das eine enorm wichtige Erkenntnis, um den Sport nicht zu überfordern und ihn nicht seiner eigentlichen Stärken zu berauben.
Aus der Veranstaltung hat Robert Gräfe mitgenommen, dass das Thema Soziale Arbeit mit Sport und Bewegung auf unterschiedlichen Ebenen präsent sei – bei Stiftungen, Verbänden, Vereinen. Und dass zunächst in jeder Community separat diskutiert worden sei, dass man sich vergewissert habe, wo man stehe, um dann den nächsten Schritt weiterdenken zu können.
MOBILEE als Wissensvermittler
Der Stuttgarter Thomas Krombacher wiederum betont vor allem den sozialen Aspekt, den er mit MOBILEE verbindet: „Ganz zuvorderst: das Gefühl, nicht allein zu sein mit unserer Idee. Das ist enorm wichtig. In unserem heimischen Konstrukt fühlen wir uns oft sehr einsam, weil es nur wenig regelmäßigen Kontakt zu anderen Initiativen gibt.“
Sein Wunsch? Dass MOBILEE dazu beitrage, die Bedeutung von Sozialer Arbeit mit Sport und Bewegung in allen Ausprägungen differenzierter herauszuarbeiten, dass es nicht um ein lustiges Fußballspiel gehe, sondern darum, bei Kindern und Jugendlichen nachhaltige Entwicklungsprozesse zu begleiten, ihr Leben ein wenig positiver zu gestalten. „Und dass dieses Wissen dazu beiträgt, dass das Thema seinen stiefmütterlichen Charakter in der Bildungspolitik verliert.“ Alles in allem große Aufgaben, wichtige Aufgaben, die an MOBILEE gestellt werden. ◼